Samstag, 29. November 2014

Konzert Review: Jennifer Rostock & der Schnaps

Nackte Körper. Stage Diving. Ein Battle auf der Bühne.
Willkommen zu einem ungewöhnlich Konzert, die für Jennifer Rostock Verhältnisse die Norm sind. Das wichtigste Hilfsmittel des Abends: Der Schnaps.

Die gute gelaunten Punk Rocker mit der toughen Frontfrau sind mit der EP "KALEIDOSKOP" auf Deutschland Tour. Von Anfang November bis Anfang Dezember sind Jennifer Rostock unterwegs.

Jennifer Weisst verdeckt im Nebel.
Im Hintergrund das Kaleidoskop Logo.
„Kannst du mich sehen auch wenn alles schimmert.
Auch wenn tausend Farben sich um uns drehen?“
Aus: Jennifer Rostock – „Kaleidoskop“

Definitiv Ja. Neben dem sehr gelungenen Lichterspiel zwischen Bühnenbeleuchtung und dem LED-Logo eines Kaleidoskops im Hintergrund konnten - „auch wenn tausend Farben sich um uns drehen“ - alle Jennifer Weisst sehen. Und mit ihr auch ihren halbnackten Körper. Lediglich ein hautenges schwarzes Netz-Catsuit bedeckt sie, wobei das Wort „bedeckt“ nur in den intimen Bereichen seinen Zweck erfüllt. Doch sie kann es sich erlauben. Mit ihrem tattoowierten Körper sieht es aus, als ob das Netz-Catsuit lediglich ein Kunstwerk umhüllt und keine nackte Haut. Um ihrer Taille als Accessoire: Ein Hüftgürtel mit dem Kaleidoskop-Logo als Schnalle.

„Ich brauch erstmal nen Schnaps!“

An diesem Abend wird im Skater’s Palace Münster nicht geskatet, sondern gefeiert.
Vollgas von Anfang an. Erster Song: „Insekten“. Die Bühnenlichter scheinen Blau. Das Kaleidoskop Zeichen auf der Bühne leuchtet auf und zusammen mit dem Einstieg der Punk-Rock Band, feuern Konfettikanonen ihre Munition durch die ganze Halle. Zwei Minuten lang spielt die Band, ohne dass das Publikum etwas von Sängerin Jennifer Weisst zu sehen bekommt. Erst nach der ersten Strophe, die sie noch hinter der Bühne singt, springt sie auf die Bühne und performt.
Der Klang in der angenehm warmen Halle konnte besser nicht sein. Die Stimme wurde nicht von den Instrumenten verdrängt und der Bass war genau richtig.

Nach dem Song macht sie direkt klar, wer in der Halle die Hosen an hat: „Jungs?! War heut morgen noch beim Frauenarzt. Alles gut!“, sagte sie und geht sich dabei mit der Hand zwischen die Beine.
Dann folgte der wohl am meist gesagte Satz des Abends: „Ich brauch erstmal nen Schnaps“ und schon war der Backliner zur Stelle, mit einem Tablett Klaren.

„Du sagst, ich soll auch mal meine Stimme schonen
Ich sag: Keine nimmt mir mein Mikrofon.“
Aus: Jennifer Rostock – „Mein Mikrofon“

Ein Konzert von Jennifer Rostock ist etwas besonderes. Die Leidenschaft zur durchgehend rockigen Musik ist dabei jedem anzusehen. Besonders bei Alex Voigt. Mit Zigarette im Mund, Augen zu und einem relaxten Auftreten scheint er wie in einer anderen Welt zu sein, als seine Finger die Seiten der Gitarre spielen.
Die Band Jennifer Rostock auf der
Bühne des Skater's Palace, Münster.
Hauptsächlich erreicht aber die Fronfrau die volle Aufmerksamkeit. Sexy Hüftbewegungen. Die Hand zwischen den Beinen. Zitate wie: „Ich weiß ihr mögt das immer gerne: Beim Konzert etwas fummeln. […] Ordentlich die Zunge in den Hals rammen.“ Jennifer Weisst mag es eben etwas direkter. Und ihre Fans steigen darauf ein. In der Mitte: Ein großer Kreis. Und jedes Mal, wenn die Band anfängt zu spielen, springen die Fans rein. Rücksicht auf andere ist Fehlanzeige. Es ist eben ein richtiges Rock Konzert.

Doch die Frontfrau geht noch ein Schritt weiter: „Jetzt macht noch mal so ein richtig großen Kreis in der Mitte und dann möchte ich, dass alle Jungs sich rein stellen und ihr Oberteil ausziehen!“ Gefühlt sind 70 Prozent des gut gefüllten Skater’s Palace weiblich. Von dem ca. 30 Prozent Männeranteil trauen sich zehn in den Kreis und machen genau das, was Jennifer Weisst von ihnen verlangt. Von Oberteil ausziehen bis hin zu über Zeige- und Mittelfinger lecken und die Nippel hart machen. Beim letzten Part zögern dann doch noch einige, also macht es ihnen die Frontfrau auf der Bühne vor, und schiebt sich ihre freie Hand unter ihre leichte Bekleidung und massiert ihre Brustwarzen.

Das Battle

Jennifer Weisst bereitet die Kandidatinnen
auf das Battle vor.
Ein Kapitän verlässt nie sein Schiff. So ist es auch im Song von „Der Kapitän“, den die Frontfrau zusammen mit zwei zufällig aus dem Publikum gewählten Kandidatinen singt. Der discotaugliche Glam-Punk samt Retroeinschlag erzeugt selbst in einem Battle das Quintett. Wie Blondie. Nur auf deutsch. In Brünett. Nachdem die beiden sich nach vorne gedrängt und auf die Bühne geholt wurden, folgt noch eine kurze Einweisung von Jennifer Weisst: „Denkt daran, es ist ein Battle. Die von euch, die ihre Strophe besser performt gewinnt.“ Als Tipp gibt sie den beiden noch mit, dass sie sich auf der Bühne verkaufen müssen und schaut dabei dreist in das Dekolleté  einer Kandidatin. So ein bisschen Ausschnitt zeigen soll, laut Jennifer, durchaus Erfolgschancen mit sich bringen.
Während der Performance scheint die Nervosität dann doch überhand zu nehmen. Kleine Texthänger werden Dank der Hilfe von Weisst ausgebügelt und immerhin traut sich eine von beiden dann doch noch etwas Haut zu zeigen und zieht ihr Shirt kurz hoch. Ob das der Grund war, warum das Publikum sie knapp zur Siegerin gewählt hat, ist nur zu erahnen.

Eine Zugabe – Ein Konzert

„Der nächste Song, ist der letzte für diesen Abend.“
Mit diesem Satz, feiert die Masse, als gäbe es kein Morgen mehr. Toben, springen, mitsingen und sich selbst so richtig zum schwitzen bringen. Was die Masse bis dahin noch nicht wusste: Es wird weder der letzte, noch der vorletzte Song sein.

Jennifer Weisst schwingt die Regenbogenflagge zum Zeichen
der Toleranz.
Es fühlt sich an, als gäben Jennifer Rostock noch direkt ein zweites Konzert, denn nach einem im Chor-Rufenden „Zugabe! Zugabe!“ kommt die Band zurück auf die Bühne. Und mit der Zugabe folgt nicht wie gewöhnlich ein Song, sondern gleich mehrere. „Ein Schmerz und eine Kehle“ ist einer davon. „Dieser Song geht an alle Schwulen und Lesben Hasser!“ und während der Performance überreicht ihr der Backliner die Regenbogen Flagge zum Zeichen der Toleranz. Selbst das Kaleidoskop Logo färbt sich im  
Hintergrund in den Farben des Regenbogens.

Das Jennifer Weisst ihren Fans ganz nah ist, zeigt sie besonders gegen Ende des Konzerts, als sie mitten im Song von der Bühne hüpft, zur ersten Reihe geht und ihren Arm in die Masse streckt. Direkt halten ein Dutzend Fans ihre Hand sowie ihren tattoowierten Unterarm. Ab und zu muss die Security eingreifen, weil so mancher Fan nicht loslassen will, aber Jennifer Weisst scheint es egal zu sein. Und somit verabschiedet sie sich gegen Ende, als sie wieder auf die Bühne springt und zusammen mit ihrer Band den nun wirklich letzten Song performt.
Ihr Feature Kollege NicoWebers, der für zwei Songs mit auf der Bühne stand (Der kurz vorher für ein Stage Diving ins Publikum sprang) und die Vorband KMPFSPRT werden dabei zum Feiern auf die Bühne geholt. Und der Abend endet so, wie er begann. Mit Konfettikanonen, die eine ganze Halle zum Schimmern bringen.

Seit dem 08.11.2014 ist die Band nun mit ihrer "Kaleidoskop" EP auf Tour. Der große Abschluss-Gig steigt am 02.12.2014 in, wie könnte es anders sein, Rostock.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen